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Der Junge im Boot: Ein dreimaliger Olympia-Teilnehmer im Team von Rhine-Ruhr 2025

Mo Taieb folgt in seiner Vorbereitung des Ruderwettbewerbs für die Rhine-Ruhr 2025 FISU Games den professionellen Lehrbüchern. Doch seinen persönlichen Erfolg verdankt der dreimalige Olympiateilnehmer zum Großteil einem bekannten Roman, den er jedoch selbst nie gelesen hat.

Taieb war elf Jahre alt, als sein Vater ihm ein Exemplar von "The Boys in the Boat" kaufte. Das Buch ist eine Dokumentation des US-amerikanischen Achters, der das deutsche Boot schlug und die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin gewann.

Unter der Regie von George Clooney verfilmt, inspirierte die Geschichte Taieb, seine eigene Geschichte zu schreiben, die ihn von einem Salzwassersee in Tunesien zu drei Olympischen Turnieren auf drei unterschiedlichen Kontinenten führte.

„Mein Vater entschied, dass ich mit Rudern anfing”, erklärt Taieb (28). „Er kaufte mir das Buch über diese Ruderer, denen es gelungen war, Studium und Sport in ein Gleichgewicht zu bringen. Damals war ich nicht jemand, der viel las, und so sagte er zu mir ‚Du musst dieses Buch nicht unbedingt lesen, aber du musst diesen Sport ausprobieren‘.“

Bis zu dem Zeitpunkt hatte Taieb enthusiastisch Tennis gespielt, doch nun war er bereit, seine Schlägertasche gegen ein Paar Riemen und ein Skiff zu tauschen.

„Ich habe gemerkt, dass der Zauber des Ruderns darin liegt, wenn du im Boot sitzt und dich vom Steg ins offene Wasser abstößt“, sagt er. „Du entkoppelst dich vom Leben – von all den Problemen und dem ganzen Stress – und du beginnst dich an die Natur anzukoppeln. Der Witz beim Rudern ist, dass wir uns in eine andere Richtung bewegen; wir sehen nicht einmal, was auf uns zukommt. Es findet also alles in unseren Köpfen statt.“

Rudern als Therapie während der Revolution im Jahr 2011

Nur Wenige haben die umwälzenden Ereignisse des Jahres 2011 in Tunesien kommen sehen, als Proteste etwas nördlich von Tunis der Funke für die Aufstände des sogenannten Arabischen Frühlings waren, der die gesamte Region erreichte. Für Taieb, der damals gerade 14 Jahre alt war, entstand so eine völlig neue Welt der Probleme und Belastungen.

„In Tunesien gab es eine Revolution, und alles wurde anders, viele Menschen demonstrierten auf den Straßen“, erinnert er sich. „Damals wollte ich mich von all dem abschotten und mich einfach auf meinen Sport konzentrieren. Rudern war eine Art Therapie, ist es immer noch.“

Vor dem Hintergrund dieser Ungewissheiten machte er Fortschritte, gewann Medaillen in den arabischen und afrikanischen Kontinentalmeisterschaften, nahm erstmals an der Weltmeisterschaft teil und löste sein Ticket für die Jugendolympiade 2014 in Nanjing. Obwohl Tunesien über den größten Ruderstützpunkt in Afrika verfügt, erkannte Taieb, dass seine Möglichkeiten in der Heimat an Grenzen stießen.

„Tunesien ist ein kleines Land und obwohl wir die Infrastruktur für Rudern besitzen, haben wir nicht die Kultur des Wettkampfs“, erläutert er. Mir wurde klar, dass ich etwas unternehmen musste. Nach meinem Schulabschluss Ende 2015 entschloss ich mich, für den Sport und die Olympischen Spiele alles auf eine Karte zu setzen.“

Taieb verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Deutschland, lernte eine neue Sprache und integrierte sich in das deutsche Ruderprogramm. Ein kühner Schritt, aber der richtige: Im darauffolgenden Sommer feierte er sein Olympiadebüt bei den Spielen in Rio de Janeiro.

„Rio markiert einen Wendepunkt in meiner Karriere”, sagt er. „Ich fand das richtige Gleichgewicht aus Lernen und Rudern auf hohem Niveau, denn was einen besonderen Studentensportler ausmacht ist das Zeitmanagement.“

Aber wie bewältigt man die körperlichen Belastungen eines derart brutalen Ausdauersports?

„Ich bin nie an die Startposition gerudert ohne 110 Prozent von mir überzeugt zu sein, ohne den festen Glauben, bis zum Tod zu kämpfen“, behauptet er. „Während der ersten zwei Minuten des Rennens ist der Körper noch frisch. Die letzten vier Minuten fährt man durch einen dunklen Tunnel. Milchsäure überschwemmt den ganzen Körper, aber du weißt, du hast eine Reserve, und so sagt dir dein Gehirn: ‚Ich schaffe das; bewege das Boot immer weiter‘.“

Tokio 2020 bedeutete einen Rückschlag

Sich immer weiterbewegen, das hat er getan. Die Weltrangliste hinauf bis zu einem Hochwasserstand bei den Weltmeisterschaften von 2022, als er Silber im Einer gewann, und zu seinen zweiten Olympischen Spielen in Paris im vergangenen Sommer. Doch es gab auch Rückschläge, etwa als er die Olympischen Spiele in Tokio 2020 um wenige Sekunden verpasste.

„Für die Athletinnen dreht es sich nicht so sehr darum, wie es ist, wenn es uns gut geht, sondern wie es ist, wenn du verletzt bist oder du denkst, das war’s jetzt“, sagt er. „Es gibt Tage, da fühlst du dich richtig schlecht, weil sich das Boot nicht zu bewegen scheint, und dann gilt es, die mentale Seite des Sports zu managen.“

„Aber ich bin nicht allein. Ich habe eine Frau und eine Familie, einen Verband, meinen Trainer und einen Physiotherapeuten. Und wenn du in einem Team arbeitest, das an dich glaubt – und du an dich selbst glaubst –, dann kannst du schaffen, was ich in meiner Karriere geschafft habe.“

Ist auch sein Vater an seiner Seite geblieben in den zwei Jahrzehnten, seit er ihm das Buch gekauft hat?

„Von Anfang an hat er gesagt: ‚Konzentriere dich einfach auf deine Ausbildung.‘ Dennoch glaube ich, dass er jetzt mehr als glücklich ist, weil die Ergebnisse einfach fantastisch sind. Es geht jedoch nicht um Gold, Silber oder Bronze. Es geht um die Freundschaften, die auf dem Weg dorthin entstehen. Das ist das wahre Gold in diesem Sport.“

“Wenn ich also studierenden Athlet:innen einen Rat geben sollte, dann würde ich sagen, schließe viele Freundschaften hier bei den Rhine-Ruhr 2025 FISU World University Games und leg einfach los!”

Den Ruder-Zeitplan finden Sie hier: https://www.rhineruhr2025.com/en/schedule/sports

Tickets für Rhine-Ruhr 2025 gibt es unter ticket.rhineruhr2025.com

Fotos: © Row2k